"Nichts stand in seinem Leben ihm so gut,
Als wie er es verlassen hat;
Er starb wie einer, der sich auf den Tod geübt,
Und warf das Liebste, was er hatte, von sich,Als wär's unnützer Tand." - William Shakespeare
Vor 1.5 Monaten war er also da der Tag. Der Tag der mir, in dieser Situation, jeglichen Glauben ans Leben nahm. Ich hab in diesem Moment gelernt, dass viele Menschen sofort zur Stelle waren. Egal ob enge Freunde, Bekannte oder meine Familie. Alle waren da und haben ihr Bestmögliches gegeben, damit es mir besser geht. Das ist wirklich der Wahnsinn und oft bin ich mir gar nicht bewusst, was ich da eigentlich für eine Arme an Menschen voller Liebe hinter mir stehen habe. - Vielen Dank dafür!
Die Phasen der Trauer
Mein Arbeitskollege lag mir an dem Tag, als sich meinen Freund verlor, eine Übersicht der Phasen der Trauer auf den Tisch und sagte: "Alles was gerade passiert und was in den nächsten Wochen passieren wird, ist okay." In diesem Moment, konnte ich gar nicht begreifen, was er mir sagen möchte. Ich war erfüllt von so viel Schmerz, dass ich dachte, ich werde ewig dort feststecken. Was für Phasen überhaupt, dachte ich. Was soll mir das bringen, mir diese Phasen anzuschauen...
Kennt ihr die Phasen der Trauer?- Ich stelle sie euch gern einmal vor.
Phasen der Trauer - www.psychologieforum.de |
Als ich mich mit meinem Arbeitskollegen unterhielt, bzw. schluchzend vor ihm saß, befand ich mich Wohl gerade an Punkt 2 Der Schock.
Tatsächlich durchlief ich in den nächsten Wochen die verschiedenen Punkte und konnte sie für mich auch gut verorten. Die Wut die folgte, empfand ich als sehr intensiv und gleichzeitig hat es sich für mich falsch angefühlt, jetzt wütend zu sein. Warum bin ich wütend? Weil er gegangen ist? Weil er sich nicht von mir verabschiedet hat? Wahrscheinlich war es beides.
Als ich das erkannte, war ich enttäuscht von meinem Ego, dass mir da im Weg stand. Ich nahm mich in diesem Moment als wichtigste Person war. Immerhin schien ich ihm doch wichtig gewesen zu sein, da habe ich doch eine Eklärung verdient.
Die Antwort darauf, kam relativ schnell. Nein- niemand hat eine Antwort verdient. Man kann sich keine Antwort verdienen. Wahrscheinlich hatte er selbst keine Antworten mehr. Es geht in diesem ganzen Prozess nicht darum, dass ich eine Antwort finde, sondern dass ich lerne Situationen und Geschehnisse zu akzeptieren, die ich nicht verändern kann.
Ich erreichte also die nächste Stufe der Akzeptanz. Natürlich hielt dies nicht lang und es wurde frustrierend das ganze einfach so hinzunehmen und zu akzeptieren. Ich kann doch nicht einfach akzeptieren, dass da ein guter Freund von mir einfach weg ist. Nicht mehr ich stand in diesem Moment im Fokus meiner Gedanken. Es war nicht mehr der Gedanke, dass ich verlassen wurde, es war der Gedanke, dass mein Freund nicht mehr da ist. Eine großartige Persönlichkeit, ein Mensch der eine absolute Bereicherung für diese Welt war- ist nicht mehr unter uns.
- Die Trauer setze ein. Wahrhafte Trauer.
Ich bin ganz ehrlich, ich bin nicht sonderlich gut darin, Trauer auszuleben. Ich denke, keiner von uns denkt sich "Geil, heute bin ich traurig....endlich!"
Ich hab also versucht mich abzulenken, ich versuchte es zunächst mit Feiern gehen und Alkohol trinken. Der Klassiker unter den Betäubungsmitteln.- hat leider nicht wirklich funktioniert vom Alkohol wurde mir sofort schlecht und traurig war ich nach der Party immer noch.
Was nun? Ich entschied mich ein Abschiedsritual zu vollziehen. Uhhh ein Ritual? Das Klingt ja verrückt.
Rein psychologisch betrachtet, ist das lediglich eine Art sich von belastenden Situationen zu lösen. Sich nicht nur geistig davon zu lösen sondern eben auch durch Worte und Taten.
Kurz um, es war befreiend. Ich fühlte wie eine rießige Last von mir abfiel, von Selbstzweifeln, von Schuld, von Vorwürfen...ich erkannte, dass ich meinen Freund gehen lassen kann und die zurückbleibende Trauer auszuhalten ist. Ich habe nicht mehr das Gefühl, dass mein Brustkorb und mein Herz in Flammen stehen.
Ich denke derzeit stehe ich irgendwo zwischen den letzten Zwei Punkten Öffnung und Integration.
Ich merke, dass es wieder bergauf geht. Ich praktiziere wieder mehr Yoga und meditiere viel, kann mich wieder auf meine Klienten auf Arbeit konzentrieren, sowie auf mein Studium. Ich empfinde wieder das Gefühl von Glück und Freude ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.
Ich erkenne gerade, dass nicht ich gestorben bin, obwohl es sich innerlich eine Zeit lang so angefühlt hat. Nicht mein Leben ist beendet. Ich entscheide mich für das Leben, mit allem was es mit sich bringt, auch wenn dazu Trauer und Schmerz gehören, denn aus all diesen Situationen und Momenten im Leben, kann man Kraft schöpfen. So zehrend wie sie vielleicht in diesem Moment scheinen, du kannst daran wachsen. Wenn du es schaffst, diese Situationen mit Liebe anzunehmen für dein Leben, erkennst du, dass all das eine Lehre für dich sein kann. Du lernst dich ein Stück besser kennen.
Mein Arbeitskollege hatte recht, alles ist okay und jede Phase ist okay. Er zeigte auf die letzten zwei Phasen und sagte "Wenn du da bist, gehts dir wieder besser, aber das braucht Zeit."
Nehmt euch Zeit für diesen Prozess
Ich habe viele Nachrichten von Menschen bekommen, die mir mitgeteilt haben, dass sie auch einen Menschen verloren haben. Danke für eure Offenheit, das ist nicht die Normalität, dass Menschen so offen miteinander umgehen.
Was ich euch gern mit auf den Weg geben möchte, lasst euch Zeit in diesem Prozess und versucht euch nicht zu betäuben oder Gefühle wegzudrücken. All diese Gefühle wollen euch etwas mitteilen. Auch wenn es weh tut, es hat seinen Zweck.
Lasst Gefühle dasein und versucht sie auszuleben. Wenn ihr weinen müsst, dann ist das okay. Es ist okay verletzbar zu sein und ich denke, niemand wird euch auslachen dafür. Im Gegenteil!
Es gibt nichts schlimmeres, als Gefühle wegzuschieben, sie werden euch einholen. Vielleicht nicht auf die gleiche Art und Weise aber die Psyche wird dies kompensieren, dann eben in Form einer Angststörung oder mit Panikattaken.
Es kommt wieder der Tag, an dem ihr bereit seid, Liebe zu empfangen und selbst zu versenden. Versprochen!
Wer gern näheres über das Abschiedritual wissen möchte, kann mir gern Nachricht schreiben!
Fühlt euch alle gedrückt und geliebt!
Judzn