Nun gut, was Beziehungen angeht, durfte ich vor kurzem erfahren, wie es sich anfühlt eine Überbrückung - ein Lückenfüller zu sein. War nicht schön, aber es lässt sich damit weiterleben.
Doch nun kommt dieser eine Anruf während ich auf Arbeit sitze. Der Anruf, der mir den Boden unter den Füßen weggerissen hat.
Ein guter und langjähriger Freund von mir ist gestorben. Kein Unfall, keine Krankheit. Suizid.
Bisher habe ich auf Todesfälle in meiner Umgebung eher rational reagiert. Der Mensch ist gestorben - nicht schön, aber das ist der Lauf der Dinge. In diesem Fall ist es anders. Ich habe unheimlich viel Zeit mit diesem Freund verbracht, wir waren uns nah, kannten einander gut. Und auf einmal kommt diese Nachricht, dass er sich dazu entschlossen hat sein Leben zu beenden.
Ich wünsche mir, du hättest die Kraft gehabt, mit mir über das zu sprechen, was dich belastet hat.
Sicher, es ist dein Leben und somit deine Entscheidung. Wahrscheinlich kann ich das einfach nicht nachvollziehen, dass Probleme so groß sein können, dass der einzige Ausweg die Beendigung deines Lebens zu sein scheint.
Ich arbeite in einem helfenden Beruf. Ich weiß, dass egal wie problematisch die Lage ist, es immer eine Lösung gibt, bei der man am Leben bleibt.
Du hast einen Tag nach mir Geburtstag und du hast im Gegensatz zu mir, deinen Geburtstag gehasst. Ich habe deinen Geburtstag in jedem Jahr zelebriert. Das erste an was ich gedacht habe, wenn mein Geburtstag seit etwa einer Minute vorbei war, war dein Geburtstag. Ich glaube, du warst der einzige Mensch, der es geschafft hat, mir so unendlich liebevolle Glückwünsche zu schicken. Ich werde sie so sehr vermissen. Ich werde es so sehr vermissen, dir zu gratulieren. Auch wenn du jetzt nicht mehr da bist, ich werde deinen Geburtstag weiter zelebrieren. Ich werde mir irgendwas tolles einfallen lassen und ich weiß, du würdest lachen und genervt mit den Augen rollen. Ich glaube insgeheim, fandest du deinen Geburtstag gar nicht so doof. Du warst einfach nur unwahrscheinlich bescheiden. Dabei warst du, ein so begabter Musiker, ein wunderbarer Freund, ein guter Zuhörer. Gott, du hast immer so viel geraucht. Ich habe dich immer vollgeschimpft, wenn du dir eine Zigarette an der Zigarette angemacht hast.
Wir sind oft spazieren gegangen. Die unmöglichsten schlammigsten Wege. Ich erinnere mich, wie du mir erzählt hast, dass du nur zwei Paar Schuhe besitzt. Du konntest nicht verstehen, warum ich dich ausgelacht habe. Ich glaube du warst der bodenständigste und minimalistische Mensch, den ich je kennengelernt haben. Beim Spazieren gehen, hatten wir oft tiefsinnige, fast philosophische Gespräche. Du warst so schlau! Wenn ich ganz ehrlich sein soll, hatte ich an manchen Abenden, keinen blassen Dunst über was wir da philosophiert haben, sobald du das Universum mit ins Spiel gebracht hast, bin ich gedanklich ausgestiegen - Das war einfach zu hoch, aber du hast mit so viel Freude und Leidenschaft darüber geredet, dass ich dir unmöglich sagen konnte, dass ich kein Wort davon verstehe.
Mir war bewusst, dass ich nicht alles von dir wusste. Da waren dunkle Gedanken, die du nicht immer mit mir teilen wolltest, aber ich dachte, dass du damit klarkommst. Ich dachte, schlechte Gedanken hat jeder mal. Ich habe die auch. Aber ich dachte nicht, dass es soweit kommen würde, dass du dir das Leben nimmst.
Wir haben irgendwann festgelegt, dass wir nur noch Sachen machen wollen, die uns wirklich Spaß machen. Du sagtest mir, dass es dich wirklich traurig machen würde, wenn du wüsstest, dass ich Dinge mache, die mir keinen Spaß machen. Du kannst dich auf mich verlassen. Ich werde nur noch Dinge machen, die ich wirklich will und die mir somit Spaß machen.
Ich habe mir so sehr gewünscht, dass du irgendwann eine ganz tolle Freundin finden wirst. Du hättest es so sehr verdient. Allerdings ist meine Befürchtung, dass du deine Gefühle mir gegenüber, nie wirklich aufgegeben hast. Du sagtest mir, dass du mich vermisst. Dass das wohl nie aufhören wird. Umso mehr, bin ich bestürzt darüber, dass du nicht mit mir geredet hast, was los war.
Nur allein, wenn ich darüber nachdenke, wie sehr ich dich vermissen werde, laufen mir die Tränen. Ich kann einfach nicht aufhören zu weinen, ich kann keinen klaren Gedanken fassen.
Vielleicht hättest du diesen Schritt nicht getan, wenn du gewusst hättest, wie dein Umfeld reagiert. Wie sehr es den Menschen den Boden unter den Füßen wegzieht. Wie sehr dich deine Familie und deine Freunde vermissen, weil sie dich verdammt nochmal lieben.
Ich weiß nicht wo du jetzt bist, aber ich hoffe, dass es dir jetzt besser geht. Ich hoffe, dass du jetzt nur noch super coole Dinge tun kannst, die dir Spaß machen.
Ruhe in Frieden T.